Vier Jahre nach Beginn der Katastrophe von Fukushima belegen Untersuchungen in Japan, dass die Anzahl von Kindern und Jugendlichen mit Schilddrüsenkarzinom viel stärker gestiegen ist als die Weltgesundheitsorganisation berechnet hatte. Trotz diesem Wissens steigt Japan wieder in die Nutzung der Atomkraft ein und will weitere AKWs anfahren.

Nach dem GAU im März 2011 wurde allen BewohnerInnen der Präfektur Fukushima, die zum Zeitpunkt der Reaktorhavarie jünger als 18 Jahre waren, die sonografische Untersuchung der Schilddrüse angeboten. Knapp 300.000 Screenings wurden vorgenommen, etwa 81 Prozent der Berechtigten beteiligten sich. Bei 2.251 Kindern und Jugendlichen gab es Verdachtsfälle auf Gewebeveränderungen. Bei Folgeuntersuchungen wurden zwischen dem 11. März 2011 und 31. März 2015 bei 110 von ihnen Schilddrüsenkarzinome diagnostiziert. Auch eine zweite Screeningrunde bestätigte die dramatischen Entwicklung: Erneut wurde eine durchschnittliche Erhöhung der Erkrankungsrate um mehr als das 13-Fache gegenüber dem japanischen Mittel festgestellt.

In der Studie aus 2015 wurde auch der Zusammenhang mit den havarierten AKWs belegt: Je dichter der damalige Wohnort der Betroffenen zum AKW lag, desto höher die Erkrankungsrate (um bis zu 50-mal höher als im japanischen Mittel). Die höchsten Werte liegen im zentralen mittleren Distrikt 50 bis 60 km westlich vom Atomkomplex, wo Anwohner nicht mehr evakuiert wurden. Die Sperrzone verläuft nur 20km um die Reaktoren.

Die Inzidenz sei „rascher gestiegen, als es die Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation erwarten ließen“, so Studien-Autor Toshihide Tsuda von der Universität Okayama Anfang Oktober. Das sei das „20- bis 50-Fache, was man normalerweise erwarten würde“. Damit habe die Strahlenbelastung für die Schilddrüse in der Präfektur Fukushima „möglicherweise beträchtlich höher gelegen als vermutet“. Es sei in den kommenden Jahren mit mehr Fällen zu rechnen.

Die Atomlobby versucht den Anstieg der Erkrankungen durch die flächendeckenden Untersuchungen zu erklären, dass dabei Tumore in besonders frühem Stadium entdeckt würden. Damit sei ein Zusammenhang mit dem GAU nicht gegeben, die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) sieht gar „keine negativen Auswirkungen der Atomkatastrophe auf die Gesundheit von Menschen“.

Die Wissenschaftler der Universität Okayama widersprechen: Der Anstieg der Erkrankungsrate sei dafür zu groß. Zudem seien in 74 Prozent der in der Universitätsklinik von Fukushima operierten Karzinome auch die Lymphknoten befallen gewesen – was keinem „frühen Krebsstadium“ mehr entspräche.

Das besonders hohe Risiko für Kinder bestätigen auch neue Forschungsergebnisse aus Weissrussland. Das Land ist bis heute durch radioaktives Fallout der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl vor fast 30 Jahren besonders betroffen. In einem Alter unter zwei Jahren seien diese „am anfälligsten“ für Gewebeveränderungen der Schilddrüsen durch freigesetztes Jod-131. Wird die Erkrankung frühzeitig erkrankt, folgen Operationen und lebenslange Medikamentennahme, aber selten der Tod.

“Wir fordern den schnellst möglichsten Ausstieg aller AKW‘s in Deutschland und weltweit, denn wir wollen lieber lachen statt strahlen.“